SZ - Von der Hand in den Mund

Artikel der Sächsischen Zeitung vom 10. Oktober 2018 Ausgabe Kamenz

Von der Hand in den Mund

Reinald Görner leitet den Obstbauverein Steina. Dieser feiert jetzt seinen 111. Geburtstag.
Von Ina Förster

Ein Apfel am Tag und der Arzt bleibt erspart!“ Das wissen heutzutage schon die kleinsten Kinder. Gesunde Kita, gesunde Grundschule, gesunder Hort – in Sachen Ernährung wird viel getan. Äpfel gehören zur Basisausrüstung auf dem Frühstücks- und Vespertisch. Gerade jetzt im Herbst darf es gern mal das mitgebrachte Obst aus dem Garten der Eltern und Großeltern sein. Außerdem wird allerorts Erntedank gefeiert. Das Thema bewegt. Und das ist gut so.

Auch Reinald Görner isst täglich seine Portion Extra-Vitamine. „Aber bei mir sind es zwei bis drei Äpfel“, lacht er. Der Rentner hat allerdings die besten Voraussetzungen dafür. Hinter seinem Haus in Steina wartet eine traumhafte Obst-Plantage im eigenen Garten. Unzählige Sorten Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen und Beeren kann die Familie hier ernten. Von der Hand in den Mund sozusagen. Ein Luxus, von dem heute wieder viele träumen. Meistens ist es aber behandelte Ware, die auf den Tisch kommt. Die auch noch von weit her importiert wird. Dabei hängen die Plantagen teilweise am Straßenrand voll. Fallobst wird nicht mehr aufgelesen. Leider. Reinald Görner kennt das mit der eigenen Ernte gar nicht anders. Bereits der Großvater war begeisterter Obstbauer und pflanzte die Hochstämme hinten im Garten. Als er 1964 das Haus übernahm und ausbaute, konnte und wollte er den üppigen Obstbestand natürlich nicht ignorieren. Er selber war auch schon damit aufgewachsen. 25 Hochstämme waren es anfangs, später stellte Reinald Görner auf Niedrigstämme um. Die sind einfacher abzuernten und zu händeln. Der Großvater hatte ihm vorher natürlich alles gezeigt: Wie man die Äste richtig verschneidet. Wie man Bäume veredelt und eine gute Ernte einfährt. Dabei hat der heute 78-Jährige viel gelernt. Vor allem auch, dass das Gärtnern eine sehr entspannende Angelegenheit ist, die obendrein gesund hält. „Die Ernte ist nur die zweitschönste Sache. Die Beschäftigung in der Natur ist das Beste daran“, ist er fest überzeugt. Auch die Kinder und Enkel, die im Haus mit wohnen, lieben diese fast meditative Arbeit in der kleinen Oase. Und profitieren vom gesunden Obst.

Dass nämlich nicht nur ältere Semester sich mit dem Thema Obstanbau beschäftigen, ist mittlerweile Fakt. „Es finden auch wieder mehr junge Leute zu uns in den Obstbauverein Steina“, erzählt Reinald Görner. Deren Vorstandschef ist er seit immerhin 20 Jahren. „Voraussetzung ist natürlich, dass man ein bisschen Garten besitzt, wo man Bäume und Sträucher anpflanzen kann. Am besten ist der Einstieg, wenn man schon einen Garten mit Bestand übernehmen kann, wie ich damals vom Opa.“ Das Durchschnittsalter ist dennoch zu hoch im Verein. Man freut sich über jeden Mittvierziger, der anfragt. Ganze 111 Jahre feiert man in diesem Jahr. „Zur Wendezeit waren wir noch etwa 90 Mitglieder. Heute nur noch knapp die Hälfte“, erzählt der Steinaer. Unterkriegen ist trotzdem nicht. Es gibt jährliche Schulungen, Fachleute werden zum Thema eingeladen. Man unternimmt eine Fach-Exkursion in Obstanbaugebiete oder Baumschulen. Und obendrein geht es noch gesellig zu. Gerade eben war wieder Hauptsaison. Die späten Apfelsorten hängen zwar noch am Baum, aber der Großteil der Ernte ist eingefahren. Auch wenn hier in Höhenlagen von 300 Metern schon später als in Südtirol oder am Bodensee geerntet wird. „Es war ein eher schlechtes Apfeljahr. Vor allem der Hagel im Juli hat Schaden angerichtet“, erzählt Reinald Görner. Trotzdem hat der Obstbauverein 45 Sorten von Martens Sämling bis zur Carola zusammengetragen, um diese der Öffentlichkeit zur Steinaer Kirmes 2018 präsentieren zu können. Allein 15 Sorten kommen vom Chef.

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